Bienen- und Insektenschutz in der konventionellen Landwirtschaft. Ein Widerspruch?

Veröffentlicht am 12. Januar 2025 um 21:11

Ein Praxisbeispiel aus Sachsen zeigt, wie bei guter Zusammenarbeit die Biodiversität im Ackerbau und das Verständnis zwischen Imker und Landwirt erfolgreich gefördert werden kann.

Arten- und Insektensterben, überhöhter Pflanzenschutzmitteleinsatz und Nitrateinträge in das Grundwasser sind nur einige der vielen Dinge, die der Landwirtschaft negativ zugeschrieben werden. Vertreter landwirtschaftlicher Berufsgruppen versuchen auf verschiedensten Ebenen dieses durch die Medien verursachte schlechte Bild der Landwirtschaft zu korrigieren, doch haftet der Ruf des Umweltsünders oft hartnäckig.

Das Bewusstsein der Verbraucher für regionale Lebensmittel zu schärfen und zugleich umweltbewusst zu arbeiten ist der Ansporn des Imkers Richard Beer und dem Landwirt Benedikt Biermann aus Leipzig. Sie haben festgestellt, dass bei öffentlichkeitswirksamer Zusammenarbeit ein breites Spektrum der Gesellschaft erreicht werden kann, um Missverständnissen, Halbwahrheiten oder schlichtweg Unkenntnis entgegenzuwirken. Informationen, ob über Printmedien oder soziale Netzwerke, sind dabei der entscheidende Faktor.

 

Blühende Landschaften, und sei es zu Beginn nur der blühende Raps Ende April, sollte 2018 der Einstieg für die bienen- und insektenfreundliche Zusammenarbeit sein. Von Anfang an fand diese auf Augenhöhe zwischen dem Imker und Landwirt statt. Fruchtfolgepläne und dementsprechende Standortwahl der Bienenvölker wurden frühestmöglich in den Wintermonaten abgesprochen, Pflanzenschutzbehandlungen wurden dem Bienenflug angepasst und in die Nacht verlegt, trotzdem teilweise großflächig auf den Einsatz von Insektiziden verzichtet und alle in Frage kommenden Imker rechtzeitig in den Informationsfluss mit einbezogen. Obwohl dies im ersten Moment nach einseitigen Einschränkungen aussieht, stellt sich für die Landwirtschaft in der Konsequenz ein ebenso großer Nutzen ein, da die Bestäubungsleistung der Bienen auf einem hohen Niveau erhalten bleibt.

Der Beginn dieser Zusammenarbeit zog in den vergangenen drei Jahren eine Kette von positiven Feedbacks und Ereignissen nach sich: 2019 wurde dieser Zusammenarbeit durch den Freistaat Sachsen die Auszeichnung „Im Honigbienenschutz engagierter Betrieb“ an das Saat – Gut Plaußig verliehen. Im gleichen Jahr gründeten sich der „Biotopverbund Leipzig“, der seinen Anstoß in der Zusammenarbeit verschiedenster Akteure aus Naturschutz, Autoindustrie, Land- und Forstwirtschaft und Imkern im Leipziger Norden fand. Ein Leuchtturmprojekt, in dem Vorurteile ausgeräumt und Wirtschaftsweisen im Sinne des Umweltschutzes diskutiert, angepasst und geändert werden. Hier wurde auch der Ansporn

geboren, die gemeinschaftlichen Tätigkeiten wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Eine Ist – Aufnahme des Insektenbestandes und das über drei Jahre begleitende Monitoring durch das Umweltforschungszentrum Leipzig soll die hoffentlich positive Biodiversitätsentwicklung begleitend herausheben.

Erste Untersuchungsergebnisse zeigen einen fast nicht mehr messbaren Gehalt an Rückständen von Insektizidwirkstoffen im Honig. Hier ist der Schwerpunkt auf das Thiacloprid zu legen, der oft als eine Art Synonym für bienengefährliche Insektizide genannt wird. Der maximale zulässige Rückstandswert dessen beträgt im Honig 200 µg/kg. Der beprobte Honig aus der Blütentracht der Rapsernte 2017 betrug vor der engen Zusammenarbeit von Landwirt und Imker 115 µg/kg des insektiziden Wirkstoffes. Durch immer besser werdende Abstimmungen und Veränderungen im Ablauf und Einsatz der Pflanzenschutzbehandlungen, konnte in dem Honig aus dem Rapsanbau 2020 nur noch eine Menge von 11 µg/kg nachgewiesen werden. Hier soll nur am Rande des erfreulichen Wertes der Hinweis erlaubt sein, dass die Nachweisgrenze von Thiacloprid im Honig bei 10 µg/kg liegt.

Die Zusammenarbeit zwischen Imker und Landwirt soll in den nächsten Jahren weiter intensiviert werden. Dabei ist als eines der größten Herausforderungen die Wirkstoffbelastung im Honig unter die Nachweisgrenze zu drücken, zu nennen. Ein weiteres, schon des Öfteren thematisiertes Arbeitsfeld, ist die Optimierung der eingesetzten Pflanzenschutztechnik. Hier könnten die sogenannten Dropleg – Düsen weitere Wirkstoffbelastungen im Pollen und Nektar vorbeugen bzw. verringern. Noch ist der Einsatz der genannten Düsen schwierig, da sie sehr kostenintensiv und technisch schwer umsetzbar sind. Für den Landwirten ist die Erhaltung und Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit das oberste Gebot und Ziel. Der Zwischenfruchtanbau ist dafür ein wichtiges Werkzeug. Die Zusammensetzung des Zwischenfruchtsaatgutes soll intensiver abgesprochen werden, um die spätblühenden Pflanzen so gering wie möglich zu halten, damit dem Bienenvolk mit dem verspäteten Trachteneintrag nicht mehr geschadet als gefördert wird.   

Ein Erfahrungsaustausch zwischen anderen Imker – Landwirt Kooperationen sollte genauso selbstverständlich sein, wie aus politischen Entscheidungen veränderte Rahmenbedingungen neu zu bewerten und ggf. neu anzupassen.

Diese mehrere genannten erfreulichen Ereignisse und Ergebnisse lassen auf großen Nutzen von Kleinstlebewesen durch die enge Kooperation verschiedenster Partner im Umweltschutz folgern und schlussendlich die Folgerung zu, dass Bienen- und Insektenschutz in der konventionellen Landwirtschaft kein Widerspruch sein muss.

Bericht: Benedikt Biermann

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